Eigentlich wollen die US-Notenbank Fed und auch die EZB mit der Anhebung der Leitzinsen die Nachfrage und damit die Konjunktur schwächen, um so die immer noch weit über der gewünschten Zielmarke von 2 Prozent liegende Inflation in den USA und dem Euroraum in den Griff zu bekommen. Die gestern veröffentlichten US-Konjunkturindikatoren erwiesen sich allerdings als überraschend gut, sodass die Preise an den Ölbörsen ihre Mehrmonatshochs weiter ausbauen konnten.

US-Wirtschaftswachstum trotz Zinsanhebungen der Fed robust
Der Offenmarktausschuss der Fed (FOMC) hatte bei seiner jüngsten geldpolitischen Sitzung am Dienstag und Mittwoch beschlossen, die Leitzinsen in den USA erneut um 25 Basispunkte anzuheben. Mit einer Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent ist das Zinsniveau in den Vereinigten Staaten damit mittlerweile so hoch wie seit 22 Jahren nicht mehr.  Die mittlerweile elf Zinsanhebungen der Fed scheinen der US-Wirtschaft jedoch nichts anhaben zu können. Laut einer am Donnerstagnachmittag veröffentlichten Vorabschätzung zum Bruttoinlandsprodukt der USA, stieg dieses im zweiten Quartal 2023 mit +2,4 Prozent wesentlich stärker als erwartet (+1,8 Prozent) und sogar stärker als im ersten Quartal (+2,0 Prozent). Und auch andere wichtige Konjunkturindikatoren aus den USA, die am Donnerstag fällig waren, übertrafen die Prognosen.

Robuste Konjunktur deutet auf robuste Ölnachfrage hin
Angesichts dieser Daten geht man an den Ölmärkten davon aus, dass sich auch die Nachfrage nach dem schwarzen Gold in den USA weiterhin als robust erweisen wird und da die Vereinigten Staaten der größte Ölkonsument der Welt sind, ließ dies die Ölpreise an den Börsenplätzen dies- und jenseits des Atlantiks gestern weiter steigen. Während der Preis für ein Barrel der Nordsee-Rohölsorte Brent gestern erstmals seit dem 19. April wieder über 84 Dollar pro Barrel (à 159 Liter) notierte, kletterte der Preis der amerikanischen Rohölsorte WTI zeitweise wieder über 80 Dollar pro Barrel.

Kursrutsch beim EUR/USD sorgt für zusätzliches Aufwärtspotenzial bei Heizölpreisen
Aber nicht nur die Preise für Rohöl legten an den Börsen gestern weiter zu, sondern auch der für den Gasöl-Kontrakt an der Londoner Rohstoffbörse ICE. Der Kontrakt für Gasöl (der Grundstoff für Diesel und andere Mitteldestillate) stieg am Donnerstag auf den höchsten Stand seit dem 3. März. Wie die Rohölkontrakte wurde er zuletzt durch die OPEC+-Produktionskürzungen, die allmählich zu greifen scheinen, sowie auch durch die niedrigen Mitteldestillatbestände in den USA und Europa gestützt.

Da die EZB zwar gestern die Leitzinsen ebenfalls um weitere 25 Basispunkte anhob, dies an den Börsen jedoch bereits im Vorfeld größtenteils einkalkuliert worden war und EZB-Ratspräsidentin Christine Lagarde gestern keine konkreten Hinweise auf eine weitere Zinserhöhung im September gab, verlor der Euro gegenüber dem Dollar im Tagesverlauf über 1 Cent an Wert.

Zusammen mit dem Preisanstieg des Gasöl-Kontrakts ergab sich dadurch auch für die Inlandspreise von Heizöl noch einmal nennenswertes Potenzial für Aufschläge. Verbraucherinnen und Verbraucher im Bundesgebiet müssen deshalb heute im Schnitt voraussichtlich etwa +1,80 bis +2,40 Euro pro 100 Liter mehr bezahlen als am Donnerstagvormittag.